
Sie sehen für uns oft schön aus – aber was ist der wahre Zweck von Blütenblattzeichnungen? Forschungen mit Hummeln zeigen, dass Pflanzen mit visuellen Elementen ihre Bestäuber bei besonders effizienten und damit energiesparenden Besuchen unterstützen können. Die Forscher berichteten, dass die Insekten im Vergleich zu den monochromatischen Versionen bis zu 30 Prozent weniger Zeit für die gesamte Interaktion benötigten.
Es ist eine faszinierende Partnerschaft zwischen Lebewesen, die für die Natur von enormer Bedeutung ist: Bestimmte Pflanzen haben im Laufe der Evolution ausgeklügelte Strukturen entwickelt, um mit Insekten zu interagieren. Die Blumen versorgen diese Tiere durch Nektar mit Nahrung und im Gegenzug fungieren die Besucher als Boten für die Pflanzen. Hummeln und Co. nehmen bei der Nahrungssuche Pollen mit und tragen sie dann zu anderen Blüten, um für Bestäubung und Samenbildung zu sorgen. Daher ist es im „Interesse“ der Pflanzen, dieses System für Bestäuber so attraktiv und komfortabel wie möglich zu gestalten. Aus diesem Grund werden Blumen oft auffallend gefärbt und strukturell an gewünschte Besucher angepasst.
“Saftmarken” in Sicht
Diese botanischen Konzepte enthalten oft auffällige Zeichnungen auf den Blütenblättern. Streifenmuster sind zum Beispiel bei Malvengewächsen oder Petunien besonders verbreitet. In der Biologie werden solche auffälligen Strukturen als Saftflecken bezeichnet. Denn lange ging man davon aus, dass sie bestäubende Insekten bei der Suche nach Nektar unterstützen sollen. Obwohl bekannt ist, dass Blumenmuster eine wichtige Rolle bei der Blumenauswahl spielen, sind andere Mechanismen unklar geblieben. Forscher der Julius-Maximilians-Universität Würzburg haben nun untersucht, inwieweit solche Zeichnungen die Effizienz von Insekten bei der Nahrungssuche verbessern können.
Biologen führten Experimente mit Bodenbienen (Bombus terrestris) und künstlichen Blumen durch. Einige Motive, die immer eine Nektarquelle hatten, hatten eine einheitliche Färbung, andere hatten einen einzelnen horizontalen Streifen, und in einer dritten Version bildeten die Streifen ein sich verjüngendes Muster, ähnlich wie einige Blumen. Mittels Videoüberwachung zeichneten die Forscher detailliert auf, wie die Versuchshummeln auf diese unterschiedlich gestalteten Nahrungsquellen reagierten.
Effizientere Blumenbesuche
Die Auswertung der Versuche zeigte: Im Gegensatz zu einfarbigen Kunstblumen mit nur einer Reihe benötigten Hummeln deutlich weniger Zeit, um die Versionen mit simulierter Nektarmarkierung zu besuchen: vom Anflug über das Finden des Nektars bis zum Aufbruch – eine Dauer, die die Forscher feststellten, verkürzte den Zeitaufwand für den Besuch gesamte Interaktion um bis zu 30 Prozent. Es zeichnet sich somit durch eine erhöhte Effizienz aus. Dadurch können Insekten bei intensiver Nahrungssuche Energie sparen, was ihnen und letztlich den Pflanzen zugute kommt.
Im Detail zeigten Verhaltensanalysen von Hummeln: Überraschenderweise scheinen Blütenmuster die eigentliche Suche nach einer Nektarquelle aus einer Blüte nicht zu verkürzen, wie bisher angenommen. Denn es stellt sich heraus, dass Hummeln nicht schneller Nektar finden können, wenn sie auf einer gestreiften Blume landen, als auf einer ungemusterten Version. Stattdessen sorgen Blumenmuster offenbar für einen effizienteren Anflug und führen zu einer strategisch vorteilhafteren Landeposition, legen die Ergebnisse nahe.
Wissenschaftlern zufolge wirken sie wie Markierungen auf einer Landebahn und helfen Hummeln, ihren Anflug zu koordinieren. Ihnen zufolge könnten sie eine ähnliche Aufgabe auch beim Verlassen haben. Schließlich verbrachten Insekten deutlich weniger Zeit mit gemusterten Blumen als mit einfachen Blumen, selbst nachdem sie Nektar gesammelt hatten. „Hummeln laufen sehr oft an den Rand der Blütenblätter, um aufzustehen“, erklärt Seniorautor Johannes Spaethe. Diesen Ausgangspunkt finden sie schneller, wenn sie sich am Muster orientieren können, daher die Annahme.
Wie die Forscher berichten, untersuchen sie nun weiter die visuellen Wirkungen von Blüten und deren Auswirkungen auf Bestäuber. Sie wollen nun auch untersuchen, wie sich die für manche Blumen charakteristischen schillernden Glanzeffekte auf die Interaktion mit bestäubenden Insekten auswirken.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Sonderartikel: Functional Ecology, doi: 10.1111/1365-2435.14262