
Die Ampel steht im Merkel-Modus


Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin WELT AM SONNTAG
Bisher lautete der gesellschaftliche Imperativ in Deutschland: Unsere Kinder sollen ein besseres Leben haben. Doch in der Krise setzt sich die Ampelregierung voll und ganz dafür ein, möglichst viele Schwierigkeiten im Hier und Jetzt zu lindern. Und so spielt sich die Zukunft der nachfolgenden Generationen ab.
fvorher gab es mehr Lametta und mehr Christbaumschmuck. Zumindest in Berlin. Dort haben Weltuntergangsbeschwörer der „letzten Generation“ die Brandenburger Tortanne geköpft. Jetzt gibt es den Baum, der 15 Meter hoch war und keine Krone hat.
Ein Bild, das symbolisch für den Staat Deutschland steht: Aus „Made in Germany“ ist längst nicht mehr „Late in Germany“ geworden. Nicht nur die Bahn verspätet sich, Deutschland verspätet sich auch bei der Digitalisierung der Verwaltung, dem Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, der Versorgung der Schulen mit ausreichend Lehrkräften und dem Aufbau einer demografisch belastbaren Altersvorsorge.
Das Leben bestraft Nachzügler. Und wer nicht mehr weiter kann, wird seit 16 Jahren von einer Kanzlerin regiert, die sich in ihrer Politik für den Ausblick statt für die Prognose entschieden hat. Angela Merkel hat den Nerv einer wohlstandsverwöhnten Gesellschaft und der Affinität zum Status quo getroffen. Immerhin wurde Merkels politischer Stil bei Bundestagswahlen immer wieder bestätigt.
Es ist eine Ironie des Weltgeschehens, das im ersten Jahr spurlos über Deutschland hinwegfegte und brutal offenbarte, dass der seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland geltende gesellschaftliche Imperativ seine Gültigkeit verloren hat: Unsere Kinder sollen es besser haben als wir. Eines Tages
Doch die Ampelregierung bleibt im Merkel-Modus, ihre Krisenpolitik ist ganz darauf ausgerichtet, finanzielle Engpässe im Hier und Jetzt so weit wie möglich zu lindern. Die Kosten müssen künftige Generationen tragen. Für sie gilt: Eure kleinen Kinder zahlen, ach alle zahlen.